Wie Tradition zur Zukunftskraft wird
Identität und Zukunft im Einklang denken
Vom Borkenkäfer zur Biodiversität und zur sozialen Bewegung
VORWORT
Eine Herzensangelegenheit
Nicht wenige Menschen, die ihre Heimat verlassen, um woanders Glück und Erfolg zu finden, bleiben ein Leben lang mit ihr verbunden. Bei mir war und ist es nicht anders. Ich bin im Harz aufgewachsen, genauer gesagt im kleinen Ort Buntenbock. In Clausthal-Zellerfeld habe ich mein Abitur gemacht, dort studiert. Dann ging es in die internationale Finanzwelt nach Frankfurt und London. Ich war viel unterwegs, meine Perspektive hat sich globalisiert. Den Bezug zu meinen Ursprüngen habe ich dennoch nie verloren. Was mich als junger Mensch am Harz faszinierte, berührt mich noch heute: die Menschen, diese oft bodenständigen und zugleich offenen Charaktere. Die beeindruckende Natur, durch deren Wälder ich als junger, ambitionierter Langläufer meine Spuren zog. Die engagierten Sportvereine. Die erfolgreichen mittelständischen Unternehmen. Es gibt so vieles, was ich an dieser Region schätze.
Doch warum muss aus dieser Heimatliebe gleich ein Buch werden? Schließlich gibt es über den Harz bereits so einiges an Literatur.
Über Menschen und ihre Perspektiven
Vor etwa vier Jahren lernte ich über einen gemeinsamen Bekannten Lars Wiedemann kennen, einen renommierten Berliner Fotografen und wunderbaren Menschen, der sich in seiner fotografisch-künstlerischen Arbeit mit der Veränderung von Kultur- und Industrielandschaften beschäftigt. Es entstand die Idee, den Harz in einem hochwertigen Fotobuch zu porträtieren – jenseits aller Klischees, in seinen vielfältigen, selbst Einheimischen oft noch unbekannten Facetten. Lars und ich machten uns einfach auf den Weg. Doch je tiefer wir in den Harz eintauchten, je mehr Menschen wir trafen, desto klarer wurde: Dieses Buch muss mehr sein.
Melanie Funke von HARZKIND hat uns in unseren Gesprächen inspiriert, das Projekt um eine menschliche, erzählerische Komponente zu erweitern – um die Menschen und ihre unterschiedlichen Perspektiven. So wurde aus einer reinen Fotodokumentation eine visuelle und inhaltlich tiefgehende Auseinandersetzung mit der Region. Und je mehr Menschen wir sprachen, desto klarer kristallisierte sich eine Frage heraus: Wie gelingt einer Region mit solch ausgeprägten Traditionen, mit diesen tiefen historischen Wurzeln der Übergang in die moderne Welt? Und vor allem: Wie lässt sich diese Veränderung in Zeiten von Globalisierung, Wirtschaftskrise, Klima- und demografischen Wandel positiv gestalten, ohne die eigene gewachsene Identität aufgeben zu müssen?
Eine Region geht nach vorn
Unzählige Male waren Lars und ich in den vergangenen Jahren im Harz unterwegs. Lernten Menschen und ihre Geschichten und Ideen kennen, hielten unsere Eindrücke in Bildern fest. Unser Projekt wurde zu einer Reise, die uns vor allem eines lehrt: Die Transformation ist im Harz bereits im vollen Gange. Und sie geht nicht mit einem Verlust an Tradition und Identität einher. Das vielversprechende Neue speist sich gerade aus einer reichen Vergangenheit – aus einer über Jahrhunderte gewachsenen Identität, die das Potenzial in sich trägt, die Zukunft zu gestalten.
Aus der sterbenden Fichtenmonokultur, die den Harz so lange prägte, erwächst ein neuer, vielfältigerer, robuster Wald. Aus den alten Traditionen des Bergbaus entwickelten sich zukunftsweisende Institutionen und Unternehmen, die Tradition mit Innovation verbinden. In den alten, von Fachwerk geprägten Baudenkmälern gibt es international beachtete, mutige kulturelle Aufbrüche. Im vom Wintersport geprägten Harz wird der Klimawandel nicht nur zum Problem, sondern als Chance für neue, ganzjährige Angebote genutzt.Der Harz bietet unzählige inspirierende Beispiele für nachhaltigen Fortschritt – Menschen, Vereine, Initiativen und Unternehmen, die neue Wege gehen und etwas bewegen. Das Ziel dieses Buches ist es, diese positiven Entwicklungen in den Vordergrund zu stellen und damit ein Zeichen zu setzen: Im Harz geht es nach vorn.
NEUHARZ – eine gemeinsame Bewegung
Ich selbst habe in meinem Leben viel Glück gehabt und möchte etwas zurückgeben, dem Harz und seinen Menschen etwas schenken – eine neue Perspektive, eine Plattform, eine Stimme. Deshalb soll dieses Buch Teil einer größeren Initiative sein. Geplant sind Ausstellungen, Veranstaltungen und Plattformen zum Austausch. NEUHARZ soll Menschen zusammenbringen, um gemeinsam an einer positiven Zukunft für die Region zu arbeiten.
Wir haben heute mehr Möglichkeiten als je zuvor. Trotz Globalisierung, trotz Strukturwandel – oder gerade deswegen. Das Internet eröffnet uns neue Wege, uns zu vernetzen und Dinge zu bewegen. Wer heute in einer Region wie dem Harz lebt, hat Zugang zu weltweiten Märkten, zu Wissen, zu Menschen.
Gerade in einer Zeit, in der viele Regionen mit politischem Populismus und einer rückwärtsgewandten Sichtweise zu kämpfen haben, ist es umso wichtiger, ein Gegenmodell zu zeigen. Eine Alternative, die nicht Wut entfacht, sondern Mut macht.Dieses Buch soll Inspiration und Impulsgeber sein – für den Harz und für jede Region, die vor ähnlichen Herausforderungen steht. Lassen wir uns nicht von Problemen lähmen, sondern von Möglichkeiten begeistern.
NEUHARZ zeigt, dass selbstbestimmter Wandel möglich ist, ohne die eigene Herkunft zu verleugnen. Dass sich die Heimat verändern kann und muss, um Menschen eine Zukunft geben zu können. Aber dabei eben doch immer eines bleibt: Heimat.
Packen wir es an. Jetzt ist die beste Zeit, um etwas zu bewegen.
Nachhaltiger Tourismus
Wie Natur, Kultur und Wirtschaft in Balance gebracht werden können.
Bürgerbeteiligung & Ehrenamt
Wie Menschen ihre Region durch Engagement selbst mitgestalten.
Digitale Zukunft in ländlichen Räumen
Wie Tech, Wissenschaft und Natur erfolgreich zusammenspielen.
Was bedeutet Heimat für mich – und kann sie sich verändern?
Wie kann ich Veränderung mitgestalten, ohne meine Wurzeln zu verlieren?
Wo liegen die Potenziale meiner Region, die vielleicht noch keiner sieht?
Welche Traditionen können uns helfen, Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen?
Wie können wir der Natur zuhören – und von ihr lernen?
Persönlich
Den eigenen Blick auf Heimat und Veränderung schärfen.
Mut für Neuanfang in Krisenzeiten entwickeln.
Sich als Teil einer Lösung verstehen – auch im Kleinen.
Beruflich
Regionale Wertschöpfung neu denken und gestalten.
Nachhaltigkeit als Innovationsmotor nutzen.
Netzwerke zwischen Wissenschaft, Startups und Gesellschaft aufbauen.
Gesellschaftlich
Demografischen Wandel aktiv gestalten.
Identität wahren trotz Strukturwandel.
Gegen Populismus ein positives Zukunftsbild setzen.